Die Historie der Sielmühle in Westerbur

Arbeiten an der Galerie - im Vordergrund Müller Frerich Rahmann (ca.1975)
Westerbur hat seit vielen Jahrhunderten eine Windmühle, die infolge der küstennahen Lage auch als Seezeichen diente. Die ursprünglich vorhandene Bockwindmühle wurde 1646 als Pachtmühle des Johann Gerdts aktenkundig gemacht. Um 1750 bezeichnete man sie als "herrschaftliche Mühle", die an den Müller Willem Galtets in Erbpacht ausgegeben war. Der Müller mußte sie unterhalten, während die Materialanfuhr bei Neubauten den eingesessenen Hausleuten zu Uppum, Westeraccum, Westerbur und Middelsbur oblag".


Im Jahre 1872 wurde dann die jetzige Sielmühle errichtet. Es ist die einzig erhaltene Mühle mit einem Sechskant als Grundriß und hatte ursprünglich zwei Schrotgänge.

Die bekannten Eigentümer waren:

Bis 1907Müller Hermann Lewand Janßen
1907 - 1908Ehefrau des Landwirts Onno Onnen geb. Esen und deren Kinder (aus erster Ehe) Johanna, Marie - Elisabeth, Hermine Janßen zu je einem Viertel
1908 - 1939Müller Anton Janßen
1939Ehefrau des Müller Anton Janßen (Aline), Witwe des Landwirts Gerhard Fleßner (Eliese), Ehefrau des Bauern Johann Enninga (Johanne) in Erbengemeinschaft
1939 - 1970 Müller Frerich Rahmann

Bereits zu beginn der 30er Jahre des vorigen Jahrhundert wurde damit begonnen zusätzlich Motoren einzusetzen. Diese wurden oftmals im separaten Motorenhaus aufgestellt und dienten dazu die Mühle bei Windstille zu betreiben. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren entwickelten sich die Mühlen noch einmal zu einer wichtigen Einrichtung zur Versorgung der Bevölkerung.

Als zu Beginn der 50er Jahre die Wirtschaft wieder Tritt fasste, wandelte sich das Mühlenwesen schnell. Es entstanden Unternehmen, die mit großen elektrobetriebenen Mahlwerken arbeiteten. Den traditionellen Müllern blieb nur noch das kleine Geschäft mit wenigen umliegenden Mahlgästen.

Der letzte aktive Müller Frerich Rahmann, dessen Nachfahren noch heute in den angrenzenden Häusern wohnen, hatte gegen Ende der 60er Jahre ein entsprechendes Alter erreicht und stellte den Mahlbetrieb ein.

Damals war das Interesse an historischen Mühlen nicht besonders groß. Eine wirtschaftliche Verwendung war nicht mehr möglich. Gemeinden, die die Mühle als Museumsbetrieb hätten übernehmen können, fürchteten die mit dem Unterhalt verbundenen Kosten.

So wurde die Sielmühle an Interessenten verkauft. Diese konnte zunächst Ihre Träume nicht verwirklichen. Erst im Jahre 1980 übernahm ein Rechtsanwalt und Notar aus Norden das Bauwerk und es entstand der heute noch in Grundzügen erhaltene Umbau zu einem ‚Ferienhaus mit Flügeln’.

Die Jahre gingen ins Land und viele Menschen fanden Ruhe und Erholung in diesem historischen Gebäude.

neue Mühlenflügel im März 2003
(Vielen Dank Fam. Ahrendt!)
Doch auch an einer solchen Mühle nagt der Zahn der Zeit. Zu ersten durchgreifenden Maßnahmen kam es im Jahre 2002. Kappe und Flügel wurden erneuert und die Sielmühle bekam eine neue Turmverkleidung. Zudem wurde die Galerie aus Eichenholz neu konstruiert.

Nach einem Eigentümerwechsel erfolgte auch die Erneuerung der ‚inneren Werte’ unter Wahrung der Historie. Zunächst wurde die Elektrik komplett überarbeitet. Die jetzt sichtbaren schwarzen Bakelitdrehschalter sind den einstigen Originalen exakt nachgebaut. Die beiden Bäder wurden komplett, z.T. im norddeutschen Stil, erneuert. Es erfolgte eine Verbesserung der Wärmedämmung. Die alten Nachtspeicheröfen verschwanden und wurden durch eine energiesparende Gasheizung ersetzt. Die neuen Fenster und Treppen/Stiegen entsprechen historischen Vorbildern. Das Turmzimmer wurde neu gestaltet und bietet einen fantastischen Ausblick.

Auch die Möblierung wurde erneuert. Zu einer stilgerechten Küche, in der alle Errungenschaften der modernen Haushaltstechnik gut versteckt sind, kamen zudem neue Möbel. Nein - nicht alle Möbel sind wirklich neu. Nach langer und intensiver Suche finden sich hier aufgearbeitete Möbel, die oftmals um die 100 Jahre alt sind. Diese unterstreichen den Charme der Sielmühle und schaffen eine angenehme Wohlfühlatmosphäre.

Im Außenbereich hat sich einiges getan. Heute wird der Gast von einer Pforte empfangen und der Hof, Sonnenterrasse und Wege sind jetzt mit gebrannten Ziegeln gepflastert. Weiterhin wurden Flügel, Galerie und sonstige Holzteile gestrichen. Um die Technik unterzubringen und Abstellmöglichkeiten ( z.B. Fahrräder ) zu schaffen, genehmigte die Denkmalschutzbehörde den Anbau eines Maschinenhauses nach historischem Vorbild.

Auf diese Weise ist die Sielmühle behutsam restauriert worden und befindet sich heute in einem außergewöhnlich guten Zustand. Wir hoffen, daß sich unsere Gäste ebenso an diesem einmaligen Bauwerk erfreuen wie wir selbst.

Sollten sie Dinge entdecken, die Sie für die Einrichtung/Dekoration der Sielmühle für geeignet halten geben Sie uns bitte Bescheid (KONTAKT). Gern sind wir bereit diese zu erwerben.

Unserer besonderer Dank gilt dem Architekten Friedrich Rahmann, der zum entstehen dieser Seite maßgeblich beigetragen hat.


Flügel-Signale

Die Windmühlen hatten ihre eigene Sprache; mit der Flügelstellung konnten die Müller schon von weitem für ihre Mahlgäste "sprechen".

Kurze Arbeitspause - zB. wenn die Mühle weniger als 1-2 Stunden, warum auch immer, außer Betrieb ist. Oder über Nacht, außer es zieht ein Gewitter auf, dann wurden die Flügel in die Schere gestellt mit der Hoffnung das der Blitz nicht einschlägt, denn im Kreuz würde der Flügel bis zu 2m höher in den Himmel ragen als in der Schere. Es hatte auch den großen Vorteil das der Müller bei Segelgattern sofort wieder mit dem Besegeln beginnen konnte oder bei etwas weniger Wind dem Flügel per Anschieben den gewissen Anschwung gab.

Lange Arbeitspause - zB. Steine Schärfen (1-2 Tage), Schäden an Flügeln oder an Getriebeteilen.

Freudenschere - zB. bei Hochzeiten, Geburten oder ähnlichen.

Trauerschere - zB. bei einem Todesfall. Ist ein Trauerzug an einer Mühle vorbeigekommen wurden die Flügel in die Trauerschere gestellt.



Der Müller

Müller wurden vom Volke oft nicht sehr hoch geachtet. Da man ohnehin nicht viel von Technik verstand, konnte es bei diesen geheimnisvollen Mechanismen nur mit dem Teufel zugehen. Man gab einen Sack Getreide ab, und bekam viel weniger zurück. Dabei begriff man nicht auf Anhieb, daß Getreidemehl bei gleichem Gewicht ein viel geringeres Volumen hat. Es konnte auch nie genau nachgewiesen werden, ob der Müller nun seinen ihm rechtmäßig zustehenden Anteil genommen hatte oder noch mehr. Da man dem Müller auch Unehrlichkeit unterstellte, sagte man: " In der Mühle ist das beste, daß die Säcke nicht reden können".

Windmühlen standen häufig abseits des Dorfes, und der Müller führte somit ein Leben, welches von der Bevölkerung nicht so ohne weiteres eingesehen werden konnte. Oft mußte er dankbar sein für eine Stunde Wind, die ihm das Wetter bescherte. Daher kam es nicht selten vor, daß sich die Flügel seiner Mühle auch des nachts drehten, wenn rechtschaffende Leute in ihren Betten lagen.

Der Volksmund sagte, daß das Mahlen bei Nacht mit dem Teufel einhergehe. Da der Müller mehr als alle anderen das Wetter beobachten mußte, hatte er im Laufe seines Lebens diesbezüglich viele Erfahrungen gesammelt. Deshalb galt er auch häufig als "Wetterprophet". So umstritten seine Position auch sein mochte, einen so wichtigen Faktor stellte er für die Bevölkerung dar. Der Müller, der als Beherrscher des Windes und des Waßer angesehen wurde, hatte eine gewiße Machtposition.